Blog von Abu Usama Al-Gharib

8. Geiseltötungsvideos

8. Geiseltötungsvideos 

 

Der Richter behauptet in seinem Urteil: Die auf den Labtops beider Angeklagten vorgefundenen Geiseltötungsvideos, in denen exzessive Mordszenen enthalten sind, zeigen darüber hinaus, entgegen anderslautender Bekundungen in der Hauptverhandlung mit nicht zu überbietender Deutlichkeit, dass die beiden Angeklagten die Ermordung von Geiseln im Dienste des Jihad verherrlichen oder zumindest gutheissen aus welchem Grund sollten sie sich sonst diese grausame Echt-Tötungsszenen auf ihren PC’s heruntergeladen haben. (siehe Urteil, Seite 49).

Ich versuchte diesen Vorwurf vor Gericht genau zu widerlegen, doch man gab mir keine Chance und unterbrach die Verhandlung, was zur Eskalation führte…

Von diesen Videos war weder in den Verhören des BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) noch von denen des Untersuchungsrichters die Rede. Darüber hinaus stand nichts davon in der Anklageschrift.

Nachdem am zweiten Verhandlungstag alle Zeugen für uns aussagten und uns entlasteten – sogar die zwei Zeugen, welche die Staatsanwaltschaft als Belastungszeugen beantragte – wurden diese Videos völlig überraschend vom Richter vorgeführt, was die Geschworenen natürlich emotional beeinflusste, das konnte man den Geschworenen und Zuschauern ganz deutlich ansehen. Aus diesem Grund erklärte ich den Prozess zu einem Schauprozess… und es muss folgendes festgestellt werden:

1. Der Besitz von solchen Videos ist nach dem österreichischen Strafgesetz nicht verboten. Man muss hier zwischen dem Besitz solcher Videos und der Verbreitung davon unterscheiden.

2. Dass jemand solche Videos besitzt, bedeutet nicht, dass er die Ermordung von Geiseln im Dienste des Jihad verherrlicht oder gutheisst! Und dass der Richter so etwas in der Urteilsverkündung anführt, zeigt sehr deutlich, wie befangen er war. Mit anderen Worten schreibt er nämlich folgendes: Die Angeklagten sind streng gläubige Muslime, sind wegen Terrorismus angeklagt, also kann der Besitz solcher Videos nur so etwas bedeuten…

Der Besitz von solchen Videos ist bei denjenigen üblich, welche die Ereignisse verfolgen wie z.B. Journalisten, Reporter, Schriftsteller, Anti-Kriegs-Aktivisten, Wissenschaftler, Analytiker, Menschenrechtsaktivisten, Politikwissenschaftsstudenten, Juristen und vielen mehr. Und das man etwas besitzt, bedeutet lange nicht, dass man damit einverstanden ist. Wenn zum Beispiel jemand die Bibel bei sich hat, bedeutet das nicht gleichzeitig, dass er Christ ist. Oder wenn jemand das Kapital ließt und besitzt, bedeutet dies nicht unbedingt, dass er Kommunist ist. Und dass jemand Aufzeichnungen oder Fotos von Konzentrationslagern besitzt, bedeutet nicht, dass er ein Nazi sein muss. Im Gegenteil; vielleicht ist seine Anti-Nazi-Haltung der Grund für den Besitz solcher Aufzeichnungen und Fotos!

Wir besaßen diese Videos und andere aus vielen Gründen. Aus journalistischen-, islamischen- und politischen Gründen. Wir haben diesen Krieg dokumentiert, haben soviel Material wie möglich darüber gesammelt – von beiden Seiten – egal ob Texte, Fotos oder Videos.

Als Antibesatzungsaktivisten war es sehr wichtig, neutral, gerecht und selbstständig alle dortigen Geschehnisse zu dokumentieren. Auch für islamische Diskussionen war es von Bedeutung, eindeutige Beweise über die Ereignisse von den Quellen der Macher, sei es denn der Amerikaner oder der Al-Qaida, zu sammeln. So befinden sich genauso eine Anzahl von Videos und Fotos von Verbrechen der Amerikaner auf unseren Computern. Unter anderem z.B. der Videofilm The Road to Guantanamo oder Fotos von Abu Ghraib, auf denen man klar sieht, wie irakische Gefangene von US-Soldaten erniedrigt und gefoltert werden. Bedeutet das nun, dass wir die Lage in Guantanamo verherrlichen bzw. die Folterungen von Abu Ghraib gutheißen? – Das würde niemand sagen, weil es absurd wäre… Wir haben ganz einfach alles gesammelt, was uns über diesen Krieg in die Hände fiel…

Es gibt also viele Gründe, warum man solche Videos besitzen könnte. Es liegt dem Gericht kein einziger Beweis vor, dass wir solche Taten verherrlichen. Im Gegenteil, viele Zeugen haben bestätigt, dass wir die Tötung von Unschuldigen und Unbeteiligten kritisiern und uns klar und deutlich dagegen aussprechen… Dennoch galt für uns nicht einmal der Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten

1 Kommentar »

  1. […] 8. Geiseltötungsvideos […]

    Pingback von Prozessverteidigung und Widerlegung der Anklagepunkte « Blog von Abu Usama Al-Gharib — Februar 21, 2009 @ 2:21 pm


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